2 \label{chapter:grundlagen}
4 \section{Monte-Carlo-Simulation}
6 Monte-Carlo-Simulationen sind numerische Computer-Experimente zur Untersuchung von interessierenden Sachverhalten.
7 Gegen"uber anderen Rechenmethoden basieren diese Computer-Experiemnte auf stochastischen Modellen.
8 Die Zuf"allgkeit mikroskopischer Ereignisse spielt, wie im realen System des Experimentes, die wesentlich Rolle.
9 Der Rechner wird zum virtuellen Labor, in dem ein bestimmtest System untersucht wird.
10 Eine solche Computer-Simulation kann als numerisches Experiment betrachtet werden.
11 Makroskopische, observable Gr"ossen sind, wie im Experiment, von statistischen Fluktuationen beeinflusst.
12 Die Reproduzierbarkeit von Ergebnissen hat demnach statistischen Charakter.
14 Der Vorteil der Monte-Carlo-Methode ist die relativ einfache Erzielung von Ergebnissen f"ur Problemstellungen, die ohne N"aherungen analytisch nicht l"osbar oder sehr aufwendig sind.
15 Ein Beispiel hierf"ur ist das Ising Modell in drei Dimensionen, f"ur das bis jetzt keine analytische L"osung gefunden wurde.
16 Die Idee besteht darin, f"ur die Berechnung der Zustandssumme
18 Z = \sum_{i=1}^N e^{\frac{-E_i}{k_B T}} = Tr(e^{-\beta H})
20 nicht den gesamten Raum der Konfigurationen, sondern nur statistisch ausgew"ahlte Punkte zu ber"ucksichtigen.
21 Um die Genauigkeit der simulierten Eigenschaften des Systems in einer bestimmten Sollzeit zu verbessern, ist es n"otig die Zust"ande mit der Wahrscheinlichkeit entprechend ihres Beitrages zur Zustandssumme auszusuchen.
22 Dieser Ansatz wird als \dq importance sampling\dq{} bezeichnet.
23 F"ur das Ising Modell wird der Metropolis-Algorithmus verwendet, der die Dynamik des Systems in Form eines \dq update algorithm\dq{} f"ur die Mikrozust"ande vorschreibt.
25 Die Monte-Carlo-Simulation ben"otigt Zufallszahlen, welche auf physikalische Gr"o"sen abgebildet werden.
26 Erstaunlicherweise funktioniert diese Art der Simulation auch mit, vom Computer erzeugten, deterministischen Pseudozufallszahlen.
27 Den Ausgangspunkt bilden dabei sogenannte Standard-Pseudozufallszahlen, die auf einem vorgegebenen Intervall gleichverteilt sind.
28 Hiervon ausgehend k"onnen beliebige Verteilungen durch Transformationen und Verwerfungsmethoden erzeugt werden.
30 \subsection{Erzeugung gleichverteilter Pseudozufallszahlen}
32 Die h"aufigste Methode zur Erzeugung von Zufallszahlen ist die lineare Kongruenzmethode \cite{knuth,nr}, welche eine Sequenz von ganzen Zahlen $I_1, I_2, I_3, \ldots$ aus dem Intervall $I = [0,m-1]$ generiert.
33 Dabei gilt folgende Vorschrift:
34 \begin{equation} \label{eq:kon_m}
35 I_{j+1} = ( a I_{j} + c ) \, mod \, m
37 \[ m: \textrm{Modulus, } a: \textrm{Multiplikator, } c: \textrm{Inkrement, } I_0: \textrm{Startwert} \]
38 Die Zufallszahlen k"onnen sich mit einer Periode, die offensichtlich nicht gr"o"ser als $m$ ist, wiederholen.
39 Die Qualit"at der Zufallszahlen h"angt dabei sehr stark von der Wahl der Konstanten $a, c, m$ und $I_0$ ab.
40 Leider gibt es keine einfache mathematische Methode zur Ermittlung optimaler Konstanten.
41 Nach Park und Miller \cite{park_miller_zufall} erf"ullt man mit
42 \begin{equation} \label{eq:kon_v}
43 a = 7^5 = 16807, \quad m = 2^{31} - 1 = 2147483647, \quad c = 0
45 einen minimalen Standard was die Qualit"at der Zufallszahlen angeht.
46 Diese Wahl der Konstanten wird in vielen Zufallsfunktionen der Standardbibliotheken verwendet.
48 \subsection{Transformation auf spezielle Zufallsverteilungen}
50 Die mit \eqref{eq:kon_m} und \eqref{eq:kon_v} erzeugten Pseudozufallszahlen $I_j$ sind gleichverteilt im Intervall $[0,m-1]$.
51 Durch Division der Zufallszahlen mit dem Modulus $m$ erh"alt man gleichverteilte Zufallszahlen $x_j$ im Intervall $[0,1[$, so dass die Wahrscheinlichkeit eine Zahl zwischen $x$ und $x + dx$ zu erhalten durch
59 gegeben ist. Au"serdem ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung normiert.
61 \int_{- \infty}^{+ \infty}p(x)dx = \int_{0}^{1}p(x)dx = 1
63 Diese dienen als Basis f"ur beliebige Verteilungen.
64 Einige in dieser Arbeit ben"otigten Transformationen sollen im Folgenden diskutiert werden.
66 \subsubsection{Zufallszahlen mit gleichverteilter Wahrscheinlichkeit}
68 Gleichverteilte Zufallszahlen $z_j$ in einem Intervall $[0,M[$ erh"alt man denkbar einfach durch skalieren der $x_j$ mit $M$.
70 z_j = M x_j = M \frac{I_j}{m}
71 \label{eq:gleichverteilte_r}
74 \subsubsection{Zufallszahlen mit linear steigender Wahrscheinlichkeit}
75 \label{subsubsection:lin_g_p}
77 Zufallszahlen deren Wahrscheinlichkeit mit ihrem Wert im Intervall $[0,Z[$ linear ansteigen
81 az + b & 0 \leq z < Z \\
85 realisiert man durch folgende Transformation:
87 p(z)dz & = & p(x)dx \nonumber \\
88 \frac{dx}{dz} & = & p(z) \nonumber \\
89 x & = & \int_{- \infty}^z p(z')dz' = \int_0^z (az' + b) dz' = \frac{1}{2} az^2 + bz \label{eq:trafo}
91 Durch Aufl"osen von \eqref{eq:trafo} nach $z$ und Ausschluss der negativen L"osung erh"alt man:
93 z = \frac{-b + \sqrt{b^2 + 2 a x}}{a} \quad \textrm{.}
95 So erh"alt man Zufallszahlen $z_j$ im Intervall $[0,1[$ durch $x_j \in [0,b+\frac{a}{2}[$.
96 Sollen Zufallszahlen im Intervall $[0,Z[$ liegen, m"ussen sie durch
98 z_j = Z \frac{-b + \sqrt{b^2 + 2 a (b+\frac{a}{2}) \frac{I_j}{m}}}{a}
102 \subsubsection{Verwerfungsmethode zur Erzeugung beliebiger Verteilungen}
103 \label{subsubsection:verwerf_meth}
105 Mit Hilfe der Verwerfungsmethode k"onnen Zufallszahlen mit beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung $p(x)$ generiert werden.
106 Sie basiert auf einer einfachen geometrischen "Uberlegung (Abbildung \ref{img:rej_meth}).
107 Die Verteilung $p(x)$ sei im Intervall $[a,b]$ mit $p(x) \geq 0 \quad \forall x \in [a,b]$ gegeben.
108 Das Maximum von $p(x)$ sei $p_m$.
109 Die Erzeugung der Zufallszahlen funktioniert nun wie folgt:
111 \item Ausw"urfeln zweier gleichverteilter Zufallszahlen $x \in [a,b]$ und $y \in [0,p_m]$.
112 \item Ist $y \leq p(x)$, so ist $x$ die n"achste Zufallszahl, ansonsten zur"uck zu 1.
116 \includegraphics[width=10cm]{rej_meth.eps}
117 \caption{Beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilung $p(x)$ im Intervall $[a,b]$ mit Maximum $p_m$.}
121 Diese Methode ist zwar sehr einfach, jedoch wird sie um so ineffizienter, je groesser die Fl"ache der Vergleichsfunktion (hier: $f(x) = p_m$) im Vergleich zu $p(x)$ zwischen $a$ und $b$ wird.
122 Deshalb macht es Sinn die Funktion $f(x)$ "ahnlich der Funktion $p(x)$ mit $f(x) \geq p(x); \, x \in [a,b]$ zu w"ahlen.
123 Das unbestimmte Integral $F(x) = \int f(x) dx$ muss dabei bekannt und invertierbar sein.
124 Dann kann wie in \eqref{eq:trafo} die Transformation durchgef"uhrt werden.
125 Die Werte f"ur $x$ werden nun nach der Transformationsmethode im Intervall $[a,b]$ gew"ahlt, die Werte f"ur $y$ m"ussen gleichverteilt im Intervall $[0,f(x)]$ sein.
127 \section{Ion-Festk"orper Wechselwirkung}
129 Zur theoretischen Beschreibung der Ionenimplantation muss die Wechselwirkung der Ionen mit dem Target betrachtet werden.
130 Durch St"o"se mit den Kernen und Elektronen des Targets werden die Ionen im Festk"orper abgelenkt und abgebremst.
131 Es stellt sich ein entsprechendes Implantationsprofil ein.
132 Weitere Folgen sind die durch Bestrahlung im Kristallgitter entstehenden Sch"aden.
133 Im Folgenden wird darauf genauer eingegangen.
135 \subsection{Abbremsung von Ionen}
137 Die in den Festk"orper implantierten Ionen sto"sen mit den Atomkernen und Elektronen des Targets.
138 Dieser Streuprozess ist mit einem Energieverlust und einer Richtungs"anderung des Ions verbunden.
139 Das Ion f"uhrt weitere St"o"se aus bis dessen Energie zu klein f"ur weitere Sto"sprozesse ist.
141 \subsubsection{Bremsquerschnitt}
143 Um die Abbremsung der Ionen durch elektronische und nukleare Streuung zu beschreiben, definiert man den sogenannten Bremsquerschnitt:
145 S_{e,n} = - \frac{1}{N} \Big( \frac{\partial E}{\partial x} \Big)_{e,n} \quad \textrm{.}
147 Dieser ist proportional zur Bremskraft $\frac{\partial E}{\partial x}$, welche angibt wieviel Energie $E$ des Ions pro zur"uckgelegter Wegl"ange $x$ abgegeben wird.
148 $N$ ist die atomare Dichte des Festk"orpers.
149 Zerlegt man nun die Energieverlustrate in einen nuklearen und einen elektronischen Anteil so erh"alt man f"ur den Energieverlust pro Wegl"ange:
151 - \frac{\partial E}{\partial x} = N \Big( S_e(E) + S_n(E) \Big) \quad \textrm{.}
153 Durch Kehrwertbildung und Integration "uber die Energie erh"alt man die mittlere Reichweite $R$ des Ions.
154 Ist dessen Anfangsenergie $E_0$, so gilt:
156 R = \frac{1}{N} \int_0^{E_0} \frac{d E}{S_e(E) + S_n(E)} \quad \textrm{.}
159 Um die Reichweite des Ions berechnen zu k"onnen, m"ussen noch der nukleare ($S_n$) und elektronische ($S_e$) Bremsquerschnitt bestimmt werden.
161 \subsubsection{Nukleare Bremskraft}
163 Zur Beschreibung der nuklearen Bremskraft muss der Energie"ubertrag zwischen einem bewegten und einem station"aren geladenen Teilchen betrachtet werden.
164 Dieser h"angt ab von Geschwindigkeit und Richtung des bewegten Teilchens, sowie von Masse und Ladung beider Teilchen und damit einem interatomaren Potential.
165 Die letztendlichen Geschwindigkeiten und Trajektoren k"onnen mit Hilfe der Energie- und Impulserhaltung f"ur einfache Potentiale analytisch gel"ost werden.
166 Es werden nur elastische St"o"se betrachtet, inelastische St"o"se mit den Atomkernen k"onnen vernachl"assigt werden.
167 Da die nukleare Bremskraft sehr wichtig f"ur die weitere Arbeit ist, wird auf ihre Herleitung etwas genauer eingegangen.
169 Zun"achst soll die klassische elastische Streuung zweier K"orper behandelt werden.
170 Dabei ist das ruhende Teilchen der Atomkern, das einfallende Teilchen das implantierte Ion (Abbildung \ref{img:scatter_lc}).
171 Aus der Energieerhaltung folgt:
173 \frac{1}{2} M_1 v_0^2 = \frac{1}{2} M_1 v_1^2 + \frac{1}{2} M_2 v_2^2
175 Dabei ist $v_0$ die anf"angliche Geschwindigkeit des Ions der Masse $M_1$, $v_1$ die Geschwindigkeit des Ions nach dem Sto"s und $v_2$ die Geschwindigkeit des gestossenen Atomkerns mit Masse $M_2$.
176 Aus der Impulserhaltung folgt,
178 \textrm{Longitudinal: } & M_1 v_0 = M_1 v_1 cos(\theta) + M_2 v_2 cos(\phi) \\
179 \textrm{Lateral: } & 0 = M_1 v_1 sin(\theta) + M_2 v_2 sin(\phi)
181 wobei $\theta$ der Winkel der Ablenkung des Ions und $\phi$ der Winkel der Ablenkung des Atomkerns ist.
184 \includegraphics[width=10cm]{scatter_lc.eps}
185 \caption{Elastischer Sto"s zweier K"orper im Laborsystem.}
186 \label{img:scatter_lc}
190 Durch Transformation ins Schwerpunktsystem kann die Relativbewegung des Ions und des Atomkerns auf ein Einzelnes im Zentralfeld bewegtes Teilchen reduziert werden.
193 \includegraphics[width=10cm]{scatter_cm2.eps}
194 \caption{Elastischer Sto"s zweier K"orper im Schwerpunktsystem.}
195 \label{img:scatter_cm}
198 Im Schwerpunktsystem gilt (Abbildung \ref{img:scatter_cm}):
200 \vec v_c = \frac{M_1}{M_1 + M_2} \vec v_0 \quad \textrm{,}
201 \label{eq:imp_cons_cm}
203 wobei $\vec v_c$ die Schwerpunktgeschwindigkeit ist.
204 Mit der Definition der reduzierten Masse $M_c$
206 \frac{1}{M_c} = \frac{1}{M_1} + \frac{1}{M_2} \quad \textrm{,}
210 M_c = \frac{M_1 M_2}{M_1 + M_2} \quad \textrm{,}
213 erh"alt man f"ur die Schwerpunktbewegung aus \eqref{eq:imp_cons_cm} den Ausdruck
215 \vec v_c = \frac{M_c}{M_2} \vec v_0 \quad \textrm{.}
218 Daraus l"asst sich ableiten, dass die Teilchengeschwindigkeiten umgekehrt proportional zu ihren Massen sind.
220 \frac{v_0 - v_c}{v_c} = \frac{M_2}{M_1} \quad \textrm{.}
224 F"ur die Geschwindigkeiten des Ions und des Atomkerns im Schwerpunktsystem vor dem Sto"s gilt weiterhin:
226 \vec v_{Ion} = & \vec v_0 - \vec v_c = \frac{M_2}{M_1 + M_2} \vec v_0 \quad \textrm{,} \\
228 \vec v_{Atom} = & 0 - \vec v_c = - \frac{M_1}{M_1 + M_2} \vec v_0 \quad \textrm{.}
229 \label{eq:v_atom_vor}
231 Der Gesamtimpuls $M_1 \vec v_{Ion} + M_2 \vec v_{Atom}$ verschwindet.
232 Die Impulse der Teilchen sind vor und nach dem Sto"s entgegengesetzt gleich gro"s.
233 Zusammen mit der Energieerhaltung folgt daraus, dass die Betr"age der Geschwindigkeiten durch den Sto"s nicht ver"andert werden.
234 Die kinetische Energie beider Teilchen bleibt im Schwerpunktsystem einzeln erhalten.
236 Abbildung \ref{img:angle_conv} zeigt die daraus abgeleitet Beziehung zwischen der Geschwindigkeit des Atoms nach dem Sto"s im Labor- und im Schwerpunktsystem.
237 Die Transformation ist durch
239 \vec v_2 = \vec v_{Atom} + \vec v_c
242 Der Zusammenhang zwischen Ablenkwinkel im Labor- und Schwerpunktsystem, sowie der Ausdruck f"ur $v_2$, sind leicht zu erkennen.
245 \label{eq:angle_conv}
246 v_2 = & 2 v_c cos(\phi)
251 \includegraphics[width=10cm]{angle_conv.eps}
252 \caption{Zusammenhang der Geschwindigkeit des Targetatoms nach dem Sto"s im Schwerpunktsystem und im Laborsystem.}
253 \label{img:angle_conv}
256 F"ur die auf das Targetatom "ubertragene Energie gilt:
258 T = \frac{1}{2} M_2 v_2^2 \quad \textrm{.}
260 Aus \eqref{eq:v_2_abs} und \eqref{eq:v_sp} erh"alt man:
262 T = \frac{1}{2} M_2 \Big( \frac{2 v_0 M_c cos(\phi)}{M_2} \Big)^2 = \frac{2}{M_2} \Big( v_0 M_c cos(\phi) \Big)^2 \quad \textrm{.}
265 Die anf"angliche Energie des Systems $E$ ist festgelegt durch $E = \frac{1}{2} M_1 v_0^2$.
266 Aus Abbildung \ref{img:scatter_cm} erkennt man, dass $\Phi = \pi - \Theta$ ist. Durch Einsetzen von \eqref{eq:m_red} f"ur die reduzierte Masse in \eqref{eq:delta_e} bekommt man folgenden Ausdruck f"ur den Energie"ubertrag:
268 T = \frac{2}{M_2} v_0^2 \frac{M_1^2 M_2^2}{(M_1 + M_2)^2} sin^2 \Big( \frac{\Theta}{2} \Big) = E \frac{4 M_1 M_2}{(M_1 + M_2)^2} sin^2 \Big( \frac{\Theta}{2} \Big) \quad \textrm{.}
269 \label{eq:final_delta_e}
271 Die maximal "ubertragene Energie erh"alt man f"ur den zentralen Sto"s mit $\Theta = \pi$, also f"ur $\Phi = 2\phi = 0$:
273 T_{max} = E \frac{4 M_1 M_2}{(M_1 + M_2)^2} \quad \textrm{.}
274 \label{eq:delta_e_max}
277 Bis jetzt ist der Energieverlust des Ions in einem elastischen Streuvorgang abh"angig vom Winkel bekannt.
278 Mit der Wahrscheinlichkeit f"ur den Streuvorgang zu jedem Winkel kann der durchschnittliche Energie"ubertrag, die Bremskraft, berechnet werden.
280 Unter der Annahme, dass Kr"afte nur entlang der Verbindungslinie zwischen Ion und Targetatom wirken, kann das Zweik"orperproblem auf die Wechselwirkung eines Teilchens mit der reduzierten Masse $M_c$ und der Geschwindigkeit $v_c$ in einem statischen Zentralfeld um den Ursprung des Schwerpunktsystems reduziert werden.
281 Die Bewegung im Zentralfeld kann mit Hilfe der Lagrange-Gleichung gel"ost werden.
283 \frac{d}{dt} \frac{\partial L}{\partial \stackrel{.}{q_i}} - \frac{\partial L}{\partial q_i} = 0 \quad \textrm{mit} \quad L = \frac{M_c}{2}(\stackrel{.}{r^2} + r^2 \stackrel{.}{\Theta}) - V(r) \quad \textrm{.}
285 Wegen $\frac{\partial L}{\partial \Theta} = 0$ ist $\Theta$ zyklisch. Daraus folgt die Drehimpulserhaltung.
287 \frac{d}{dt} \frac{\partial L}{\partial \stackrel{.}{\Theta}} = \frac{d}{dt}(M_c r^2 \stackrel{.}{\Theta}) = 0 \quad \Rightarrow \quad l := M_c r^2 \stackrel{.}{\Theta} = const.
288 \label{eq:ang_mom_exp}
290 F"ur den Drehimpuls (im Unendlichen) gilt:
292 l = M_c v_c p \quad \textrm{.}
293 \label{eq:ang_mom_val}
295 L"ost man die Gleichung f"ur die Energie $E$ des Systems
297 E = \frac{M_c}{2} (\stackrel{.}{r^2} + r^2 \stackrel{.}{\Theta^2}) + V(r)
299 nach $\stackrel{.}{r}$ auf,
301 \stackrel{.}{r} = \frac{dr}{dt} = \sqrt{ \frac{2}{M_c} (E - V(r)) - \frac{l^2}{M_c^2 r^2} }
303 und diese Gleichung wiederrum nach $dt$,
305 dt = \frac{dr}{\sqrt{ \frac{2}{M_c} (E - V(r)) - \frac{l^2}{M_c^2 r^2} }}
307 kann man aus \eqref{eq:ang_mom_exp} durch Integration vom Unendlichen bis zum minimalen Abstand des Teilchens $r_0$ vom Streuzentrum den Winkel $\Theta$ darstellen, abh"angig vom Potential, dem Sto"sparameter und der Energie des Teilchens.
309 \frac{\Theta}{2} = \frac{l}{M_c r^2} \int_{r_0}^{\infty} \frac{dr}{\sqrt{ \frac{2}{M_c} (E - V(r)) - \frac{l^2}{M_c^2 r^2} }}
311 Durch Einsetzen von \eqref{eq:ang_mom_val} und vereinfachen erh"alt man:
313 \Theta = 2 \int_{r_0}^{\infty} \frac{p dr}{\sqrt{1 - \frac{V(r)}{E} - \frac{p^2}{r^2}}} \quad \frac{1}{r^2} \quad \textrm{.}
314 \label{eq:theta_of_p}
316 Mit Hilfe dieser Gleichung kann der Streuwinkel "uber die Schwerpunktenergie $E$, dem Potential $V(r)$ und dem Sto"sparameter $p$ bestimmt werden.
318 Die Wahrscheinlichkeit f"ur die Streuung in Richtung $\Theta$ erh"alt man durch die "Uberlegung, wieviel Teilchen $dN$ eines homogenen Einheitsstrahls $n$ durch die Kreisringfl"ache $2 \pi p dp$ gehen und wegen Erhaltung der Teilchenzahl zwischen $\Theta$ und $\Theta + d \Theta$ gestreut werden.
320 dN = & 2 \pi p dp \, n \\
321 d \sigma = & \frac{dN}{n} = 2 \pi p dp
323 Die Wahrscheinlichkeit $d \sigma$ bezeichnet man als differentiellen Wirkungsquerschnitt.
324 $\Theta$ ist eine Funktion von $p$ \eqref{eq:theta_of_p}, die invertierbar ist.
325 Die Funktion $p(\Theta)$ wiederrum ist differenzierbar, so dass man zusammen mit der Raumwinkeldefinition $d \Omega = 2 \pi sin(\Theta) d \Theta$ folgenden Ausdruck f"ur den differentiellen Wirkungsquerschnitt erh"alt.
327 d \sigma (\Theta) = 2 \pi p \frac{dp}{d \Theta} d\Theta = \frac{p(\Theta)}{sin \Theta} \left| \frac{dp}{d \Theta} \right| d \Omega
330 Der durschnittliche Energie"ubertrag kann nun durch Integration aller m"oglicher Energie"ubertr"age $T(\Theta)$, gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit f"ur eine Streuung unter dem Winkel $\Theta$, berechnet werden.
332 S_n(E) = \int_0^{T_{max}} T d \sigma
335 Zuletzt muss noch ein geeignetes interatomares Potential $V(r)$ zur Beschreibung der Wechselwirkung der Ionen mit dem Festk"orper gefunden werden.
336 F"ur das interatomare Potential $V(r)$ wird oft ein abgeschirmtes Coulomb-Potential verwendet \cite{ziegler_biersack_littmark}.
338 V(r) = \frac{Z_1 Z_2 e^2}{4 \pi \epsilon_0 r} \Phi(\frac{r}{a})
340 Dabei ist $\Phi$ eine geeignete Abschirmfunktion und $a$ der sogenannte Abschirmparameter in der Gr"o"senordnung des Bohrradius.
341 Die Abschirmfunktion beachtet die Abschirmung des Coulombpotentials der Kerne des Ions und des Targetatoms durch die Elektronen.
342 Die besten "Ubereinstimmungen mit dem Experiment erh"alt man durch Verwendung des sogenannten \dq universal potential\dq{} \cite{ziegler_biersack_littmark}, dass von Ziegler et al. mit verbesserten Methoden, unter anderem dem Anpassen von Daten zahlreicher Ion-Target-Kombinationen an die Abschirmfunktion, eingef"uhrt wurde.
343 Diese ist in guter N"aherung f"ur alle Ion-Target-Kombinationen g"ultig.
344 Desweiteren schl"agt Biersack in \cite{ziegler_biersack_littmark} eine analytische N"aherungsformel zur einfachen Berechnung des Ablenkwinkels $\Theta$ aus dem Sto"sparameter $p$ vor.
346 \subsubsection{Elektronische Bremskraft}
348 Der elektronische Energieverlust der Ionen an den Elektronen des Targets kommt haupts"achlich durch inelastische Streuung zustande.
349 Dies f"uhrt zur Anregung beziehungsweise Ionisation des Targets.
350 Die elektronische Bremskraft ist abh"angig von der Energie der Ionen.
351 Verschiedene Theorien beschreiben die Abbremsung unterschiedlich schneller Ionen.
352 Da in dieser Arbeit nur niedrige Projektilenergien (kleiner $0,1 Mev/amu$) behandelt werden, sollen Theorien f"ur den Hochenergiebereich hier nicht diskutiert werden.
353 F"ur hohe, nicht-relativistische Energien (kleiner $10 Mev/amu$) m"usste die Bethe-Bloch-Gleichung \cite{bethe_bloch} zur Beschreibung des elektronischen Energieverlustes herangezogen werden.
354 Zus"atzliche relativistische Effekte f"uhren zu einem Anstieg der Bremskraft bei noch h"oheren Energien.
356 F"ur niedrige Teilchengeschwindigkeiten kann die elektronische Abbremsung mit Hilfe der LSS-Theorie \cite{lss} beschrieben werden.
357 Die Bremskraft ist proportional zur Geschwindigkeit, also proportional zur Wurzel aus der Energie des Ions.
359 S_e(E) = k_L \sqrt{E}
362 Die Proportionalit"atskonstante $k_L$ ist ein geschwindigkeitsunabh"angiger Ausdruck und beinhaltet die Abh"angigkeit der Bremskraft von der Kernladungszahl des Ions und des Targetatoms.
363 Schaleneffekte und damit verbundene Oszillationen in der Abh"angigkeit der Kernladungszahl k"onnen durch einen weiteren Faktor $k_F$, den LSS-Korrekturfaktor, der durch experimentelle Ergebnisse angepasst wurde, ber"ucksichtigt werden.
364 In \cite{ziegler_biersack_littmark} wird die ZBL-Theorie vorgestellt, die auch die Oszillationen erkl"art.
365 Dabei werden alle Bremskr"afte auf experimentell genau bekannte Wasserstoff-Bremskr"afte f"ur jedes Element zur"uckgef"uhrt.
366 Die Wasserstoff-Bremskr"afte werden mittels der Brandt-Kitagawa-Theorie f"ur schwere Ionen im gleichen Target skaliert.
368 \subsection{Implantationsprofil}
370 Mit den im letzten Abschnitt bestimmten Bremsquerschnitten $S_n$ und $S_e$ kann nun mittels \eqref{eq:range} die mittlere Reichweite $R$ der Ionen angegeben werden.
371 Diese ist allerdings ungleich der mittleren Tiefe, in der das Ion zur Ruhe kommt, da das implantierte Ion seine Richtung nach jedem Sto"s ver"andern wird.
372 Die so erhaltene projezierte Reichweite $R_p$ und deren Standardabweichung $\Delta R_p$ k"onnen durch L"osung von Integro-Differentialgleichungen \cite{lss_2} berechnet werden.
374 Weiterhin wird in \cite{lss_2} vorgeschlagen, das Konzentrationsprofil durch eine Gau"sverteilung anzun"ahern.
376 N(x) = \frac{D}{\sqrt{2 \pi \Delta R_p}} \exp \Big[ - \frac{(x - R_p)}{2 \Delta R_p^2} \Big] \textrm{,} \qquad D: \textrm{ Dosis}
379 \subsection{Die Monte-Carlo-Simulation {\em TRIM}}
381 Mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation {\em TRIM} \cite{ziegler_biersack_littmark,biersack_haggmark} (kurz f"ur {\bf TR}ansport of {\bf I}ons in {\bf M}atter) k"onnen die tiefenabh"angigen Bremskr"afte und die Reichweitenverteilung simuliert werden.
382 Da in dieser Arbeit von {\em TRIM} simulierte nukleare Bremskraftprofile, Reichweitenverteilungen und Informationen aus den protokollierten Kollisionen verwendet werden, soll hier grob auf den Ablauf des Programms eingegangen werden.
384 Das Programm folgt den Bahnen einer gro"sen Anzahl von Teilchen, die in das Target implantiert werden.
385 Jedes Ion startet mit einer gegebenen Energie, Position und Richtung.
386 Die Teilchen vollziehen Richtungs"anderungen auf Grund von Kernst"o"sen mit den Atomen des Targets.
387 Zwischen zwei Kollisionen bewegt sich das Ion geradlinig innerhalb einer freien Wegl"ange.
388 Durch die nukleare und elektronische Bremskraft verliert das Teilchen Energie.
389 Die Verfolgung der Teilchenbahn terminiert, wenn die Energie unter einen bestimmten Wert abgefallen, oder das Teilchen das Target verlassen hat.
390 Das Target wird als amorph angenommen, weshalb kristalline Richtungseigenschaften, wie zum Beispiel das sogenannte Channeling, ignoriert werden.
391 Der nukleare und elektronische Energieverlust werden unabh"angig voneinander behandelt.
392 Das Teilchen verliert neben den kontinuierlichen Energieverlust auf Grund der elektronischen Bremskraft einen diskreten Betrag der Energie durch Kernst"o"se.
394 Das einfallende Teilchen startet mit der Anfangsenergie $E = E_0$ an der Oberfl"ache des Targets.
395 Drei Zufallszahlen $R_1$, $R_2$ und $R_3$ werden auf die physikalischen Gr"o"sen freie Wegl"ange $l$, Sto"sparamter $p$ und den Azimutwinkel $\Phi$ abgebildet.
397 Es gibt Ans"atze die freie Wegl"ange zuf"allig zu bestimmen.
398 F"ur niedrige Ionenenergien (kleiner $0,1 Mev/amu$) reicht es jedoch den amorphen Festk"orper durch eine feste freie Wegl"ange $l$ zu modellieren.
399 Diese ist gegeben durch den mittleren Abstand der Targetatome.
401 l = N^{- \frac{1}{3}}
403 F"ur gr"o"sere Energien muss der M"oglichkeit gr"o"serer freier Wegl"angen Rechnung getragen werden und eine entsprechende Abbildung von $R_1$ auf $l$ ist n"otig \cite{ziegler_biersack_littmark}.
405 Danach wird der Sto"sparameter durch
410 Dabei gilt f"ur das Maximum $p_{max}$ des Sto"sparameters: $\pi p^2_{max} l = N^{-1}$.
412 Der Azimutwinkel $\Phi$ ist statistisch isotrop verteilt.
417 Mit Hilfe der von Biersack entwickelten \dq magic formula\dq{} \cite{ziegler_biersack_littmark} kann aus dem Sto"ssparamter $p$ analytisch der Streuwinkel $\Theta$ errechnet werden.
418 Mit Hilfe des Ablenkwinkels wird dann durch \eqref{eq:final_delta_e} der Energie"ubertrag $\Delta E$ bestimmt.
419 Der elektronische Energieverlust ergibt sich aus dem Produkt der freien Wegl"ange $l$ mit dem Ausdruck f"ur die elektronische Bremskraft $S_e(E)$ aus \eqref{eq:el_sp} und der atomaren Dichte $N$.
420 Durch die freie Wegl"ange und den Ablenk- und Azimutwinkel ist der Ort des n"achsten Sto"sprozesses festgelegt.
421 Die Koordinaten und der Energie"ubertrag jedes Sto"ses werden protokolliert, womit die nukleare und elektronische Bremskraft bestimmt ist.
422 Die Koordinaten der Ionen, die unter einen bestimmten Energiebetrag abgefallen sind, werden ebenfalls durch das Programm festgehalten.
423 Damit ist das Implantationsprofil gegeben.
425 \subsection{Strahlensch"aden und Amorphisierung}
427 Durch die Bestrahlung des Targets werden Sch"aden im Kristallgitter hervorgerufen.
428 Dabei werden Targetatome durch St"o"se mit Ionen verlagert, oder durch St"o"se durch bereits angesto"sene Atome, sogenannten Recoils, wenn diese mindestens die Verlagerungsenergie $E_d$ besitzen.
429 Im letzten Fall spricht man auch von Verlagerungskaskaden.
430 So entstehen Leerstellen und Zwischengitteratome, sogenannte Frenkeldefekte, und komplexere Gitterdefekte, sogenannte Cluster.
431 Mit steigender Dosis beginnen gest"orte Gebiete zu "uberlappen was zu einer Ausbildung einer amorphen Schicht f"uhren kann.
432 Die Anzahl und Verteilung der Strahlensch"aden h"angt dabei von Temperatur, Energie und Masse der implantierten Ionen sowie der Masse der Targetatome ab.
433 Ein Ma"s f"ur die Konzentration der Strahlensch"adigung ist der Energieanteil, der in Form von Kernwechelswirkung an den Festk"orper abgegeben wurde \cite{brice1,brice2}.
434 Dieser ist proportional zu den erzeugten Leerstellen und komplexeren Defekten im Target \cite{stein_vook_borders}.
436 Die in einem prim"aren Sto"s verlagerten Atome, durch ein Ion der Energie $E$, kann nach Kinchin Pease \cite{kinchin_pease} zu
438 N_{p,d} = \frac{E}{E_d}
442 Gleichzeitig heilen Defekte aus, indem verlagerte Gitteratome an ihren Gitterplatz zur"uckkehren.
443 Bei der thermischen Defektausheilung wird dies durch die thermisch erh"ohte Mobilit"at der Defekte erm"oglicht.
444 Andererseits kann der Ionenstrahl selbst zur Defektausheilung beitragen.
445 Dieser kann an amorph-kristallinen Grenzfl"achen Rekristallisation beg"unstigen oder auch zur Bildung von Kristallisationskeimen in amorphen Gebieten f"uhren.